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Bücher

Friederike von Preußen. Die leidenschaftliche Schwester der Königin Luise

ISBN 978-492-05126-2

Januar 2007 bei Piper

Friederike von Preußen. Die leidenschaftliche Schwester der Königin Luise

Nach 150 Jahren wiederentdeckt - die geheimen Briefe um Friederike von Preußen. Mit der Entdeckung von bisher unbekannten Geheimpapieren um Friederike von Preußen ist Carolin Philipps eine Sensation gelungen: Erstmals offenbaren diese Briefe ein Geheimnis, das Königin Luise von Preußen mit allen Mitteln zu wahren suchte. Denn tatsächlich ahnt niemand, wie turbulent das Leben ihrer Schwester, Friederike von Mecklenburg-Strelitz (1778–1841), verlaufen wird, als die 15-jährige Prinzessin den jüngeren Sohn Friedrich Wilhelms II., Ludwig von Preußen, heiratet. Verbotene Liebesverhältnisse, aufgelöste Verlobungen, drei Ehen, eine Scheidung. „Galanteste Löwin des Jahrhunderts“ oder „sündige Friederike“ haben Zeitgenossen die unkonventionelle Schwester Luises genannt. Doch wer war sie wirklich?

„Es gibt hier nur drei Personen, die informiert sind, und niemand muß jemals die Wahrheit herausfinden.“

Die Vorkehrungen, die die preußische Königin Luise 1799 traf, um ihre Schwester Friederike vor gesellschaftlicher Ächtung zu bewahren, sollten das Geheimnis um die leidenschaftliche Beziehung zu einem nicht standesgemäßen Prinzen, ihre Schwangerschaft und die heimliche Hochzeit für immer bewahren.

Und so war mir ein wenig unwohl zumute, als ich die geheimen Papiere des Herzoghauses Mecklenburg-Strelitz im Landeshauptarchiv Schwerin in der Hand hielt. Hätten die beiden Schwestern, vor allem Luise, gewollt, dass ich dieses Buch schreibe, in dem zum ersten Mal ihre Briefe aus den im Archiv zu Schwerin entdeckten Geheimpapieren veröffentlicht werden und so die Ereignisse jenes Jahres neu beleuchten?

„Jeder will sie haben, wer sie sieht, ist in sie verliebt“, notierte die Oberhofmeisterin Gräfin Voss auf gewohnt bissige Weise in ihrem Tagebuch und brachte damit erneut ihr Missfallen gegenüber Friederike, der jüngeren Schwester Ihrer Majestät, der Königin Luise von Preußen, zum Ausdruck.

Und genau so wurde Friederike 200 Jahre lang gesehen. „Galanteste Löwin des Jahrhunderts“, der die Männer scharenweise zu Füßen lagen, „Sünderin“, „unzüchtige Friederike“, „tugendlos“: Das sind nur einige Attribute, die das Bild dieser Frau bis in unsere Zeit hinein prägen.

Bei den Damen galt Friederike als kokett und jedem Flirt zugeneigt. Ihr Schwager, der preußische König Friedrich Wilhelm III., formulierte es so: „Sie hatte … viel Grazie und, wie man sagt, séduisantes (Verführerisches).“ Und der Dichter Jean Paul schrieb an einen Freund, dass er gerne mit ihr „in einem Kohlebergwerk hausen“ möchte, „dürfte ich ihren Galan da vorstellen“.

Tatsächlich war sie dreimal verheiratet, einmal geschieden. Und die vielen Geliebten, die man ihr andichtete – vom österreichischen Staatskanzler Metternich bis hin zu Herzog Adolf von Cambridge –, zählten zu den prominentesten Persönlichkeiten des Zeitgeschehens.

Bis in unsere Tage hat sich das Bild einer Frau erhalten, die – von ihren Leidenschaften getrieben – in ihrer Jugend viele Tabus verletzt haben soll – schließlich sogar auf Veranlassung des preußischen Königs wegen eines vor der Hochzeit gezeugten Kindes mit einem nicht standesgemäßen Prinzen vom Hof in die Provinz verbannt wurde.

Friederike war sich bewusst, dass „diese einzige Handlung vielleicht ein Glas der Vergessenheit auf meine sonst vorher so untadelige Aufführung werfen wird; indessen muß ich hoffen, daß nach Jahren, und nach einer weit längeren Reihe von Jahren, als ich sie schon durchlebt habe, ein untadeliger Wandel auch hierüber die Schale der Vergessenheit ausleeren wird.“

Diese Hoffnung war vergebens. Vergebens, weil sich niemand wirklich auf die Suche gemacht hat, um die wahre Persönlichkeit dieser Frau zu entdecken, die sich hinter all den tradierten Klischees versteckt.

„Ich habe immer das Glück gesucht und ersehnt zu lieben und geliebt zu werden“, schrieb sie 1799 mit 21 Jahren, wohl wissend, dass das Streben nach dem persönlichen Glück nicht als Hauptaufgabe einer Frau um 1800 betrachtet wurde. Von einer Frau wurden Pflichterfüllung und das Zurückstecken der eigenen Ansprüche erwartet – und unter diesen Geboten, die Friederike gewissenhaft befolgte, stand sicher ein wichtiger Teil ihres Lebens.

Doch ihr Anspruch an das Leben ging darüber hinaus, denn sie hat gegen alle Konventionen auch ihre Sehnsucht nach Glück, Liebe und Leidenschaft gelebt: „Wie stark die Gewalt der Liebe … und wie haltbar die Fesseln …, wenn es wahre Leidenschaft ist“, schrieb sie im Januar 1799 an ihren Vater.

Und vielleicht spricht aus ihren Kritikern, die sich zu ihrer Zeit mehr aus Frauen, heute pikanterweise mehr aus männlichen Autoren zusammensetzen, auch ein wenig Neid auf die konsequente Art, in der Friederike ohne Rücksicht auf die Meinung anderer ihre Suche nach Glück und Liebe verfolgte.

War ihre Suche erfolgreich? Hat sie Liebe und Glück am Ende gefunden oder hat sie ihre Sehnsucht mit ins Grab genommen? Das waren die Fragen, die mich drei Jahre lang durch die Archive führten und in Schlösser und Museen zwischen Berlin und Karlsbad begleiteten.

Die Wahrheit ist auf diese Weise ans Licht gekommen – gegen den Plan von Königin Luise. Aber vielleicht geht gerade dadurch ihr größter Wunsch in Erfüllung, dass die Schatten auf der Ehre ihrer Schwester nun endgültig verschwinden werden.

Die Geschichte meiner Recherchen zu diesem Buch sind in das Buch integriert worden. Ein kleiner Vorgeschmack kommt hier:

Pattensen, 10. März 2004

Aktenberge türmen sich vor mir auf. Stapelweise eng beschriebene Seiten, einige gut lesbar, die meisten Zeilen je nach Stimmung des Schreibers einfach nur aufs Blatt geworfen. Altdeutsche Buchstaben, die das Entziffern mühsam machen.

Wieder einmal sitze ich im Leseraum des Archivs in Pattensen, einer Außenstelle des Hannoverschen Hauptstaatsarchivs. Hier lagern Dokumente aus den letzten Jahrhunderten über die königliche Familie von Hannover – offizielle und ganz private, die nur mit einer Sondergenehmigung des jeweiligen Oberhaupts der Familie eingesehen werden dürfen: Heiratsurkunden, Predigten zu Konfirmationen und Beerdigungen, Haushaltsbücher, Rechnungen und Briefe, Briefe und nochmals Briefe.

Liebe, Hass, Trauer, Angst, Freude und Leid – die ganze Palette menschlichen Lebens, reduziert auf einige Kubikmeter beschriebenes Papier, zum Teil Jahrhunderte alt: der trockene Extrakt aus Schicksalen und Lebenswegen, nach Signaturen sortiert und jederzeit abrufbar für jeden.

Und nun sitze ich hier – um mich herum Personen, meist ältere, die sich ebenfalls durch Aktenberge wühlen, eine große Lupe in der Hand, den Laptop neben sich: moderne Technik in einem Ambiente, dessen Luft nach Staub und Moder schmeckt. Die meisten suchen nach Informationen über ihre Vorfahren, wollen Licht in dunkle Kapitel ihrer Familiengeschichte bringen.

Und was tue ich? Ich versuche einer Frau näher zu kommen, von deren Existenz ich bis vor einem halben Jahr noch nichts gewusst habe.

Ein Zeitungsartikel brachte mich auf ihre Spur: die Rezension eines Buches über die preußische Königin Luise. Luise, um deren Leben sich seit ihrem frühen Tod 1810 ein wahrer Kult gebildet hat. Luise, die tugendhafte, vorbildliche Mutter – nicht nur ihrer Kinder, nein, der ganzen preußischen Nation. Und ihrem Ehemann, Friedrich Wilhelm III., eine liebevolle, pflichtbewusste Frau.

Als ich dann in der Nationalgalerie in Berlin vor der Doppelstatue der beiden Schwestern Luise und Friederike stand, zog mich nicht die berühmte preußische Königin, sondern die jüngere Friederike in ihren Bann. Warum hat das 19. Jahrhundert die eine zur tugendhaften, alles überstrahlenden Frau, zum Vorbild für Generationen gemacht – die andere dagegen zum negativen Gegenpol, ja, zur „Sünderin“?

Während die Literatur über Luise ganze Bücherregale füllt, ist ihre Schwester, da sie nicht als Vorbild geeignet schien, für die Historiker und Schriftsteller uninteressant geblieben.

Und genau da erwachte mein Interesse. Einige behaupten, ich würde mich per se mehr für Menschen mit dunklen Seiten erwärmen, für die, die auf Umwegen zum Ziel kommen, als für die, die den geraden, direkten Weg gehen. Mag sein. Das Gerade, allzu Tugendhafte ist selten von Reiz.

Seit Stunden blättere ich in den Papieren, löse die Bindfäden, die die Aktendeckel zusammenhalten, und wühle mich durch immer neue Stapel. Wenn ich nur wüsste, wo ich ansetzen kann, zumal hier in Pattensen vor allem Akten der späteren Lebensabschnitte von Friederike liegen.

Während ich zunehmend mutloser werde angesichts der staubigen, vergilbten Akten, bringt der Archivangestellte einen neuen Stapel herein. Ich sehe ihn etwas entsetzt an. Er zuckt mit den Schultern. „Das sind alles Ihre Bestellungen.“

Aktendeckel an Aktendeckel, Bindfaden an Bindfaden. Doch dann entdecke ich ganz unten auf dem Wagen eine Schachtel. Endlich keine Akte!

Vorsichtig öffne ich sie. Sie ist gefüllt mit kleinen, aus vergilbtem Schreibpapier gefalteten Briefchen. Ich falte eins nach dem anderen auseinander.

Im ersten finde ich eine blonde Locke. Auf der Innenseite des Papiers steht in Friederikes Handschrift: „Locke von Georgs Vorderhaar, an seinem 10. Geburtstag.“

Ein leichtes Gruseln überfällt mich. Die Haare sehen so frisch aus, als hätte man sie gerade abgeschnitten. Es ist ein Unterschied, ob man einen Brief liest, der vor 150 Jahren geschrieben wurde, oder eine Locke in der Hand hält, die eine Mutter ihrem Sohn zur Erinnerung an seinen Geburtstag abgeschnitten hat.

Ich finde noch mehr Locken, außerdem Blüten, die sie gepflückt, getrocknet und sorgfältig etikettiert hat. Erinnerungen an ein intensives Familienleben.

„Ich liebe dich, Mama. Dein Sohn Georg.“ Erste Schreibversuche ihres Sohnes in einer krakeligen Kinderhandschrift, liebevoll gefaltet und aufbewahrt.

Ich denke an das Holzkästchen im Regal meines Arbeitszimmers, in dem ich ebenfalls die ersten Schreibergüsse meiner Kinder gesammelt habe. Ein erster Funke springt über von Mutter zu Mutter.

Und dann eine weiße Locke. In einer anderen Handschrift, die ich als die ihres dritten Mannes Ernst August, König von Hannover, identifiziere, steht auf dem Papier geschrieben: Haar Friederike, abgeschnitten am 29.6.1841. Ihr Todestag.

Immer mehr weiße Locken. Alle paar Stunden hat er ein Stück von ihrem Haar abgeschnitten. Wie verzweifelt muss er gewesen sein! Als Letztes ein grau-weißer Haarzopf. 30.6.1841. Am Tag nach ihrem Tod.

Ernst August hat die Trauerkleidung nie wieder abgelegt. Alle Briefe, die er nach ihrem Tod schrieb, hatten einen schwarzen Trauerrand.

Friederike wollte lieben und geliebt werden. War ihr das nach zwei vergeblichen Anläufen in ihrer dritten Ehe geglückt? Hat sie das Glück am Ende gefunden?

Ein weiterer gefalteter Brief. Diesmal keine Locken. Ringe! Friederikes Ringe, die ihr auf dem Totenbett abgenommen wurden.

Ich stecke sie an meine Finger. Nur einer passt. Sie hatte kleinere Finger als ich. Ich will die Ringe an meiner Hand spüren.

Ein magischer Moment, der abrupt unterbrochen wird. Ein Archivmitarbeiter hat über die Videokamera beobachtet, was ich mit den Ringen Ihrer Majestät mache. Fürchtet er, dass ich sie entwenden könnte?

Er kommt zu mir, teilt mir mit, dass Ringe oder ähnliche Andenken nicht im Findbuch des Archivs katalogisiert sind, also gar nicht an mich hätten ausgegeben werden dürfen. Seit 100 Jahren habe wohl niemand mehr diese Ringe in der Hand gehabt. Er müsse sie mir jetzt wieder wegnehmen.

Sorgfältig streife ich die Ringe von meinen Fingern, lege sie behutsam zurück und überreiche ihm die Schachtel mit dem vollständigen Inhalt.

Ich brauche sie nicht mehr. Ich habe gefunden, wonach ich gesucht habe.